„Früher war alles einfacher.“

Arbeit gegen Geld

Im Industriezeitalter klar geregelt,  transaktionale Führung, das Werkzeug der Wahl. „Great-Man-Theorien“, die Idee, dass es „natural born leaders“ gibt, hielt sich lange. In manchem Unternehmen begegnet mir diese Haltung auch heute noch. In vielen Führungsseminaren wird dem mit Erkenntnissen begegnet, die fast 100 Jahre alt sind. So lange ist es her, dass Kurt Lewin, der Begründer der Sozialpsychologie, untersuchte, ob auch das Verhalten eine Situation verändern kann. Er gilt als Vater der drei klassischen Führungsstile, die da sind:

– Autoritärer bzw. hierarchischer Führungsstil
– Demokratischer bzw. kooperativer Führungsstil
– Laissez-faire-Führungsstil

100 Jahre in denen sich die Arbeitswelt exponentiell entwickelt hat.

„Wer zukunftsfähig führen möchte oder muss, benötigt neue Führungsinstrumente, denn die althergebrachten wirken nicht mehr.“

Wir sind in der VUCA–Welt angekommen. VUCA ist ein Akronym für die englischen Begriffe: 

– Volatility
– Uncertaintv
– complexity 
– ambiguity

Entstanden in einer Millitärhochschule in den 90er Jahren, hat sich dieser Begriff auch auf andere strategische Handlungsfelder ausgebreitet und beschreibt schwierige Rahmenbedingungen in Unternehmensführung.

Wir müssen lernen, mit komplex dynamischen Systemen umzugehen, und die Tendenz für die zukünftige Entwicklung ist klar, denn wir befinden uns durch die Digitalisierung  auf einer exponentiale Entwicklungskurve. Überall in Unternehmen begegnen mir aktuell Unsicherheit und Überforderung, und wie so oft, wird in solchen Situationen nach jedem vermeintlichen Strohhalm gegriffen.

Aktuell steht auf diesem zumeist AGIL 

Reduziert auf die reinen agilen Tools soll alles sprinten, kanbanen oder Time boxen. Nicht, dass ich kein Freund der Stoppuhr oder gut  strukturierter Prozesse bin. Dies ist nicht wirklich neu, und es ist gut, wenn über diese Prozesse auch die letzten Zeitverbrennungsmeetings auf dem Prüfstand stehen. Doch das wird für zukünftig nicht mehr ausreichen. Die Lösung ist nicht im Außen zu finden. Es wird dringend Zeit, sich mit Haltung und Sinn auseinanderzusetzen um die Erkenntnisse daraus zu einer neuen Form zusammenzusetzen.

Häufig wird in Kundenanfragen zwar meine Fähigkeit, Wissen über Agilität zu vermitteln abgefragt und das Ziel verkündet, das System soll nach meinem Einsatz agiler arbeiten, aber oft erlebe ich dann im nächsten Schritt das „Hasenherz“ des Unternehmens. Das Neue, Flexible, Moderne wird in der Vorbereitung altmodisch einfach nicht zeitgemäß behandelt. 

– Synchron statt asynchron
– Formal und fixiert statt dynamisch
– In einer formalen Struktur statt im Flow
– Mit einer starken Top-Down Kontrolle
– Autoritär statt kollaborativ
– Über Verhalten statt über Haltung

Zu kurz gesprungen oder auch:
Als Tiger abgesprungen und als Bettvorleger gelandet.

Doch was bedeutet „fit sein“ im Kontext dynamisch komplexer Veränderungen? Dass die Planbarkeit eines Projektes über 2 Jahre mit einem konkret beschriebenen Startpunkt A und Ende Z nicht mehr laufen, merken wir deutlich und ist im Cynefin-Framework wunderbar erklärt. Iteratives Vorgehen ist notwendig. Wie im richtigen Leben, ein Schritt nach dem anderen.

Von Künstlern lernen

Für mich als Künstler ist das alles nicht neu. Mir ist heute bewusst, dass mein Engagement im Aufbau eines Direktvertriebes insbesondere von meinen Erfahrungen in der Auseinandersetzung im künstlerischen Prozess profitiert hat. Und meine Umgang mit Kreativität uns unterstützt hat, als Team erfolgreicher und vor allem zufriedener zu sein. Doch in vielen Unternehmen grasiert noch immer die krampfhafte Suche nach Tools und Techniken, die dann möglichst auf alle ausgerollt werden.

„A Fool with a Tool is still a Fool.“

Und so fällt auch die Kreativität diesem Phänomen häufig zum Opfer und wird auf reine Anwendung von Methoden reduziert. Kreativität ist keine Methode sondern eine Haltung und eine Fähigkeit, die uns als Menschen geschenkt wurde. Das darf erst einmal anerkannt werden. Eine Fähigkeit, die uns auch zukünftig – ich hoffe, noch sehr lange – der KI (Künstliche Intelligenz) überlegen sein lässt. Kreativität zeigt sich in einer offenen Haltung und in einer bestimmten Arbeitsweise. Darum können moderne Führungskräfte eine Menge von Künstlern lernen.

Bild: Birgit Dierker